31. Dezember 2013

Jahresrückblick 2014 ;-)

Jahresrückblicke sind ja ganz schön. Aber warum nicht einfach die nächsten 12 Monate überspringen? Hier ist schonmal vorab der Jahresrückblick für 2014:

Januar

Kaum hat die GroKo ihre Arbeit aufgenommen, wäre das Zweckbündnis beinahe schon im Januar in die Brüche gegangen. Ursache: Horst Seehofer. Für ihn sei von Anfang an klar gewesen, dass die Maut für ALLE Ausländer auf bayerischen Autobahnen kommen soll. Also für Österreicher, Schweizer, Berliner, Sachsen, Hessen ... .

Februar

Sigmar Gabriel erbarmt sich als einziges deutsches Kabinettsmitglied offiziell die Olympischen Winterspiele in Sotschi zu besuchen. Der Rodelsport begeistert ihn dermassen, dass er von Stefan Raab für die nächste WOK-WM nominiert wird.

März

Der NSA Skandal nimmt kein Ende. Zur Terrorprävention hat die NSA laut den Dokumenten von Edward Snowden den Toiletten-Papier Verbrauch bei den entsprechenden Behörden in Brüssel, Strassburg und New York per Webcam überwacht. Wer nicht ordentlich kacken kann, sei kein zuverlässiger Partner - so die NSA.

April

Endlich startet das neue Dschungelcamp! Über eine prominente Teilnehmerin wird bis zum Schluss ein großes Geheimnis gemacht: Claudia Roth! Und natürlich wird sie unangefochten Dschungelkönigin. Den Machern gehen beim Appetit von Roth zeitweise sogar die Kakerlaken aus. Ganz Deutschland hofft jetzt auch auf ihr politisches Comeback.

Mai

Sensation beim diesjährigen Eurovision Song Contest. Die wiedervereinigten Modern Talking gewinnen überraschend den Wettbewerb. Und ganz Europa fragt sich: "Wer ist der blonde Typ neben Lena Meyer-Landruth?"

Juni

Jahrhundertflut in Deutschland! Völlig unerwartet treten Elbe, Donau, Rhein und Mosel über die Ufer und sorgen für heftige Überschwemmungen. Auf die Frage, ob dieses Hochwasser etwas mit Klimaerwärmung oder idiotischen Uferbegradigungen zu tun haben könnte, antworten die gänzlich unvorbereiteten Verantwortlichen: "Dafür gibt es nach jetzigem Kenntnisstand der Sachlage keine hinreichend empirisch belegbaren Fakten."

Juli

Deutschland wird in Brasilien zum vierten Mal Fussball-Weltmeister. Im Finale Deutschland gegen Holland verschiesst Arjen Robben im Elfmeterschiessen den entscheidenden Elfmeter. Horst Seehofer schlägt zur europäischen Völkerverständigung anschliessend vor, die Autobahn-Maut für Niederländer mit Wohnwagen bis zur nächsten WM auszusetzen.

August

Uschi von der Leyen tritt plötzlich von der politischen Bühne ab. Sie ist schwanger. "Ich muss mich jetzt um meine Familie kümmern."

September

Horst Seehofer steht jetzt auf einer Stufe mit Wladimir Putin und Kardinal Meissner. Die barbusige Femen-Aktivistin Gundula Krotzeklötel springt im Bayerischen Landtag medienwirksam vor das Rednerpult. Aufschrift auf den nackten Tatsachen: "No Maut for Romanians."

Oktober

Bei der Frankfurter Buchmesse stellt Boris Becker seine dritte Autobiographie vor. "Aufgeschlagen" verkauft sich so gut, dass Becker zum Entertainer mutiert. Er ersetzt Markus Lanz bei "Wetten dass", Dieter Bohlen bei DSDS und Harald Schmidt bei Sky. (Harald Schmidt ... hmm ... wer war das doch gleich?). Das Niveau der Unterhaltung im deutschsprachigen Fernsehen steigt merklich.

November

Sabine Lisicki und Oliver Pocher werden stolze Eltern von Drillingen. Pocher in einem Interview: "Jetzt bin ich nicht nur am Niedergang von Harald Schmidt (Harald Schmidt ... hmm ... wer war das doch gleich?) schuld, sondern auch noch daran, dass Bum-Bum-Bine mit dicken Bauch wieder den Wimbledonsieg verpasst hat."

Dezember

Karl Theo von und zu Guttenberg stellt sein neuestes Buch vor. Nach "Vorerst gescheitert" zieht er eine weitere Zwischen-Bilanz. "Immer noch untendurch" ist ein buntes Kaleidoskop mit politisch motivierten Visionen eines absoluten Ausnahme-Blenders. 80% der Deutschen können sich ihn laut Umfrage als Kanzlerkandidaten der FDP vorstellen.

Auf meiner Insel 11

Das letzte Tageslicht 2013


Es gibt auch heute wieder neue Fotos: amrum.killert.de


30. Dezember 2013

Auf meiner Insel 10

Traumhäuser

Geht man durch Wittdün, die "Obere Wandelbahn" entlang (das ist ein schmaler Weg längs des Kniepsand), dann beneide ich die Menschen, die hier eine Immobilie besitzen. Die Aussicht ist ein Traum - ich kann mir keinen schöneren Ort zum Leben vorstellen.

Allerdings sind hier die architektonischen Gestaltungsmöglichkeiten auf der Insel sehr eingeschränkt. Die natürliche Bepflanzung darf nur teilweise oder gar nicht entfernt werden. Denn die Grundlage der Bebauung ist eine einzige große Düne, auf der alle großen Häuser stehen. Jede Veränderung ist optisch nicht wünschenswert und evtl. sogar gefährlich, da die Pflanzen die Stabilität gewährleisten.

Es gibt dort ein Haus, das mir besonders gut gefällt. Es ist ein Haus mit Geschichte und es unterscheidet sich von den anderen Bebauungen, die einen teilweise sehr unvorteilhaften 50er Jahre Stil haben. Das Haus heisst "Villa Clara" und bietet mehrere Ferienwohungen an:


http://www.kniepsandleuchten.de

Auf der anderen Seite, zum Seezeichenhafen hin, gibt es ein weiteres Traumhaus, das bis vor kurzem noch gar kein Traumhaus war. Ich kann mich erinnern, dass vor zwei Jahren das Haus noch eine Bruchbude war. Dann wurde die "Villa Helgoland", ebenfalls ein Haus mit Geschichte, saniert und auch hier gibt es sehr schöne Ferienwohnungen.



Klar mach ich gerade kostenlos Werbung für diese Ferienhäuser. Obwohl ich die Häuser nur von aussen gesehen habe. Das viel größere Problem ist aber, welches der beiden Häuser ich - nach Millionenverkäufen meines nächsten Bestsellers - käuflich erwerben würde ;-) 

Ich bin am träumen. Aber das ist halt so, wenn ich auf Amrum bin ;-)

Neue Fotos? Na klar: amrum.killert.de - einige Motive wiederholen sich. Ich finde hier jeden Sonneruntergang anders schön. Das kann man über Fotos nur schwer rüberbringen. 

29. Dezember 2013

Zwischen Unterhaltung und Systemkritik

Zwei amerikanische Fernsehserien im Review.


Manchmal führt Schwarm-Intelligenz zur Neugier und schließlich zur Bekehrung. Nachdem mehrere große Kultur-Redaktionen einige amerikanische Fernsehserien für ihre scharfe Systemkritik sehr gelobt haben, habe ich zwei dieser Serien selbst angesehen und kann sie beide empfehlen. Die eine Serie überragt durch ihren genialen Protagonisten. Die andere erfordert sehr viel Geduld und entfaltet ihre Brisanz und Tiefe erst gegen Ende der ersten Staffel. Es geht um "House Of Cards" und "The Wire".

Von Peter Killert.

House of Cards

Kevin Spacey ist schon ein genialer Schauspieler. Aber nicht die Rollen in "American Beauty" oder "Seven" führen zu diesem Urteil. Es ist die David Fincher Serie "House Of Cards" in der Spacey den Kongress-Abgeordneten Francis Underwood spielt. Es ist eine fiktive Handlung, die mit dem Gewinn der Präsidentschaft durch die Demokraten beginnt und in der sich Underwood als Strippenzieher und Macher im Hintergrund inszeniert. Die Serie beginnt martialisch: Underwood läuft aus seinem Haus in Washington, aufgeschreckt durch ein Bremsgeräusch auf der Straße, und sieht den angefahrenen Hund der Nachbarn. Er fackelt nicht lange und "erlöst" das Tier von seinen Qualen mit blossen Händen. Den Nachbarn verspricht er, dass er seine Kontakte nutzen und den Fahrer des Autos finden wird. Dass dieser nichts zu lachen haben wird, offenbart sich in den ersten Folgen der Serie. In der geht es natürlich nicht um Fahrerflucht, sondern um die Strippenzieher der Macht. Wenn es hinter den Kulissen der Macht auch nur ansatzweise so zugeht, wie die Serie es darstellen will ... - nun, dann erklärt dies so einiges ... . Die Politiker, die im Vordergrund stehen, sind bestenfalls Marionetten derjenigen, die die eigentliche Macht besitzen. Und die sich dieser Macht bewusst sind. Wie eben Francis Underwood.

Underwood ist unglaublich skrupellos, gewieft, gerissen. Er findet Wege, wie er sich Menschen gefügig macht, nachdem er sie zuvor durchschaut hat. Dabei gibt er sich väterlich, weitsichtig und zeigt ab und an eine groteske hinterfotzige Nähe zu Menschen. Seine Frau Claire, gespielt von Robin Wright, steht ihrem Mann in nichts nach. Das Spiel um Macht ist der einzige Verbund zwischen beiden. Selbst Menschen, die die Skrupellosigkeit der beiden erkennen, gehen ihnen auf den Leim.
Weitere Hauptrollen sind die aufstrebende Journalistin Zoe Barnes (Kate Mara, Schwester von Rooney Mara), die mit Underwood eine Beziehung beginnt, nur um Karriere zu machen. Und die arme Wurst Peter Russo (Corey Stoll), ein demokratischer Abgeordneter, der von Underwood ausgenutzt wird, weil seine Drogengeschichten und Affären kennt. Er wird als politische Marionette aufgebaut und verliert sich immer wieder im Zwiespalt von Ehrgeiz und Idealismus. Wie tief Menschen in ihrer Würde sinken können, nur der Karriere willen, wird hier neu definiert. Einen weiteren Reiz entwickelt die Serie dadurch, dass einige Aspekte der Hauptcharaktere bewusst im Dunkeln belassen werden. Ist die Schwäche, die Underwood in einem Fernsehduell zeigt, Kalkül oder wirkliche Schwäche? Ist die Rührung bei der Einweihung eines öffentlichen Gebäudes, welches nach Underwood benannt wird, nur gespielt? Der Zuschauer kann dies nur erahnen. Viel Platz für interessante Wendungen in weiteren Staffeln.

Noch interessanter wird die Serie durch schöne Einschübe, in denen sich Underwood ab und an dem Zuschauer zuwendet und die menschliche Psyche kommentiert. Nicht selten bekommen Szenen dadurch eine geniale Tiefe. Ebenfalls erwähnenswert: manchmal zeigen Kommentare auf der Facebook-Seite der Serie, dass sich Amerikaner tatsächlich diesen Typus von Politiker wünschen und in der Skrupellosigkeit eher eine Tugend, statt einem misratenen Charakter sehen.

Eines ist ganz klar: Spacey ist die perfekte Besetzung für diese Rolle.

Die erste Staffel gibt es jetzt auf DVD. Eine zweite Staffel ist in Arbeit. Extrem empfehlenswert. Die Serie hat den Perfektionsgrad von SHERLOCK (von der man die SMS Einblendungen "geklaut" hat).

 

 

 

THE WIRE

Angeblich ist es die Lieblingsserie von Barack Obama. Für das deutsche Publikum ist sie im TV bestenfalls spät abends geeignet. Denn mit "The Wire" lassen sich kaum werberelevante Zielgruppen begeistern. Es erfordert zunächst sehr viel Geduld, bis die Serie ihren Reiz entwickelt. Das hat vor allem einen Grund: die deutsche Sprache ist praktisch ungeeignet für die Synchronisation. Ich hatte die erste Staffel als amerikanisches Original bei eBay gekauft. Ich habe englisch mit englischen Untertitel versucht - keine Chance auch nur ansatzweise zu verstehen, worum es geht. Es ist ungefähr so als würde sich ein Ausländer, der halbwegs passabel deutsch versteht, die Feinheiten der deutschen Sprache mittels kölscher Mundart anzueignen versuchen. Vermutlich noch schlimmer.

Die Serie spielt in Baltimore und dort gibt es in beinahe jedem Stadtteil einen eigenen Slang. Diese Slangs werden auf hochdeutsch synchronisiert und das hat zur Folge, dass es eine ganze Weile dauert, bis sich die Eigenarten der Charaktere - darauf gründet die ganze Serie - deutlicher offenbaren. Würde man die Eigenarten der Sprache verstehen, dann würde man sehr viel schneller in die Charaktere hineinfinden.

Erzählt wird die Geschichte von Gut und Böse, von Polizisten und einer alles beherrschenden Gangster-Clique. Die Geschichte wird wertneutral erzählt. Das wiederum führt dazu, dass viele Handlungsweisen in sich logisch und schlüssig sind und sich von Gut und Böse absondern. Die Grenzen verschwimmen. Es gibt durchaus gute Gangster und böse Cops - beide Gruppen sind einem steten Wandel unterworfen.

Die erste Staffel beginnt mit der Bildung einer Sonderkommission der Polizei, die einem gewissen Avon Barksdale, der Boss der Drogenszene in Baltimore, das Handwerk legen soll. Federführend ist hierbei der Cop Jimmy McNulty, der einem Richter von diesem Avon Barksdale erzählt hat. Barksdale ist bisher auf dem Radar der Ermittler noch gar nicht aufgetaucht. Und doch ist es ein offenes Geheimnis, dass dieser unbescholtene Bürger den Underground beherrscht.

Bei seinen Kollegen fällt McNulty damit in Ungnade - wie es scheint besteht ein Gleichgewicht zwischen Gut und Böse in Baltimore. Idealistische Polizisten sind nicht gerne gesehen. So dauert es eine Weile, bis sich die Sonderkommission zusammenrauft und sich widerwillig in die akribische Polizeiarbeit fügt. Über die einzelnen Folgen der ersten Staffel findet dann ein Katz und Maus Spiel zwischen der Polizei und den Gangstern statt.
Die Serie ist nicht übermässig brutal, aber wenn Charaktere Tiefgang entwickeln und sich dann verabschieden, dann nimmt das den Zuschauer mit.

Von THE WIRE wurden fünf Staffeln produziert. Die anderen Staffeln setzen jeweils einen anderen örtlichen oder thematischen Schwerpunkt. Eine sehr empfehlenswerte Serie, wenn man ein bisschen Geduld aufbringt.

Kostprobe? Hier ein Trailer.

Auf meiner Insel 9

Ja, das war´s erstmal mit Sonnenschein. Heute Vormittag sah der Himmel noch vielversprechend aus, aber gegen Mittag zogen dann graue Wolken auf. Ich bin natürlich trotzdem draußen, aber nicht so lange wie sonst.


Heute Mittag, kurz bevor sich die Sonne verabschiedet hat, habe ich die Ankunft/Abfahrt einer Fähre dokumentiert. In Zeitraffer sieht das ganz witzig aus.



Mehr Fotos auf amrum.killert.de.

28. Dezember 2013

Auf meiner Insel 8

Sonnenuntergang

Es werde Licht. Und es ward Licht.

Kaum bin ich auf der Insel, scheint die Sonne ;-)

Neue Fotos gibt es hier: http://amrum.killert.de

Heute einen traumhaften Sonnenuntergang gesehen. Man merkt jetzt doch, dass mehr Menschen auf der Insel sind. Zwischen Weihnachten und Neujahr steigt auf dem Kniepsand die Zahl der Menschen pro Quadratkilometer, die dem Sonnenuntergang zuschauen, exponentiell. Paare halten sich im Arm , Naturliebhaber geniessen den Anblick und Dorfpoeten denken an die eigene Leserschaft und konservieren den Augenblick. Auch wenn so ein Video nicht mal ansatzweise die Ganzheitlichkeit dieses wunderbaren Naturschauspiels wiedergeben kann ... .





Auf meiner Insel 7

Die Insel der Hunde

Normalerweise sind die Fähren nach Amrum fest in der Hand von Mutter/Kind Gruppen, die zur Kur nach Amrum fahren. Nicht so zwischen Weihnachten und Neujahr - zu dieser Zeit sind beinahe mehr Hunde als Menschen auf den Fähren. Der Grund ist einfach: Amrum ist einer der wenigen Orte in Deutschland, wo ein Feuerwerk komplett verboten ist. Keine Böller wegen der Natur und keine Raketen wegen der Reebdachhäuser. Hunde, die also große Probleme mit der Knallerei haben, sind hier sicher.

Im Vergleich zu meinen bisherigen Besuchen auf Amrum (die waren bisher immer in der Nachsaison) ist natürlich viel mehr los. Die Wohnungen in der Strandresidenz scheinen fast alle belegt zu sein. Auch bei den kleinen Supermärkten hier ist sehr viel mehr Kundschaft. Dennoch hat das hier nichts mit der Hauptsaison auf anderen Inseln zu tun. Die Anzahl der Menschen auf dem Kniepsand ist sehr überschaubar. Man kann hier komplett ungestört sein.



Die Zugfahrt war unproblematisch. In Niebüll, wo ich sonst aussteigen muss um zur "Bimmelbahn" nach Dagebüll-Mole zu gehen, konnte ich gestern im Zug sitzen bleiben. Zwei Wagen des IC´s wurden abgekoppelt und an die "Bimmelbahn" drangehangen. So erspart man 200 Fahrgästen die Rumlauferei im Bahnhof von Niebüll.

In Dagebüll hat es gestern Nachmittag ganz schön gestürmt. Natürlich würden die Insulaner darüber lachen, gerade nach der letzten Sturmflut. Das ist nichts im Vergleich zu XAVER. Die Fähre hatte aber ganz schön zu kämpfen. Wegen dem Wind war die Fußgängerbrücke am Anleger gesperrt und alle mussten über das Autodeck die Fähre verlassen. Das war bei den Fähren alter Bauart sowieso Standard. Ab und an schossen dann Fontänen aus Salzwasser über die 3m hohe Bug-Klappe und die vermeintliche Freude der Autofahrer über ein gewaschenes Auto wird sicher nur kurz sein. Denn das ist Salzwasser, das unter Umständen eine schöne weiße Kruste zurücklässt. Wetter ist OK. Windig, kein Regen, Temperaturen nicht zu kalt. Und in der Ferne sehe ich gerade, dass sich einige kleine Wolkenlücken auftun. Genau richtig um sich gleich mal in den Dünen zu verirren. ;-)



(Updates mit Fotos auf meiner flickr-Seite folgen in Kürze ...)

26. Dezember 2013

Früher ... war fast alles besser

Lange Einkaufsnacht. Im Städtchen nebenan. Sie haben es alle eilig. Manche geniessen vielleicht auch ein wenig Glühwein an den Ständen, draußen vor dem Einkaufsmarkt. Manche hetzen jedoch durch die Stadt, sind ungeduldig an den Supermarktkassen - am liebsten würde man ihnen zurufen: "Die Welt geht nicht unter, wenn 2 1/2 Tage die Geschäfte nicht geöffnet sind!"

Aber ich traue mich nicht. Es sind zu viele. Gehetzte Menschen in Überzahl - da kapituliert der Dorfpoet lieber mit ein bisschen Lyrik.


FRÜHER

Es gab mal Zeiten mit Ruhe
in denen Menschen
die Texte der Lieder
beim Hören lasen.

In denen man sich die Zeit nahm
einen Tisch zu decken
in denen man noch das Hören
vom Verstehen trennte.

Wo man sich hat fangen lassen
um den anderen zu sehen
nur um zu wissen, wo er war
und die tausend Gründe zu lieben.





22. Dezember 2013

Die Nymphe in der Nische

Eine kühle, blonde, nordische Schönheit. Weltgewandt und in sich ruhend. Das Piano erzählt Geschichten. Agnes Obel wird als Popsängerin charakterisiert - aber es gibt wohl kaum eine Künstlerin, die die Grenzen zwischen Pop und Klassik so zerfliessen lässt. Derzeit ist sie auf Welttournee. Ihr neues Album AVENTINE ist mehr als nur ein Achtungserfolg.

Von Peter Killert

Chopin und Debussy - das müssen ihre Vorbilder sein. Das Zarte, Zerbrechliche, mit dem Agnes Obel kokettieren muss, ist vielleicht ein wenig an Katie Melua angelehnt. Aber die Dänin, geboren 1980, ist sehr viel ernsthafter, sehr viel atmosphärischer als all die anderen Künstlerinnen, mit denen man sie vergleichen könnte. Alles ist sehr reduziert, sehr konzentriert. Am ehesten vielleicht wie Enya, wenn sie ganz ruhige Klänge in den Vordergrund bringt.
(c) wikipedia

Neben seichter Orchesterbegleitung ist das Piano das entscheidende Instrument. Es steht gleichberechtigt neben ihrer Stimme. So kann Obel manchmal die Melodie dominieren lassen und sich komplett zurücknehmen.

Davon lebt ihre Musik. Keine martialischen Sprünge, sondern dieses Wechselspiel zwischen sanftem Zurücknehmen und einem Aufbäumen ihrer Stimme. Weder ihre Stimme noch ihr Piano sind einzigartig. In Kombination jedoch stellt sie sich in die Nische - Agnes Obel mit ernsthafter Pop-Musik. Ernsthaft - ich möchte den Liebhaber klassischer Musik erleben, der dieser Künstlerin nichts abgewinnen kann. Sie war vermutlich schon als Kind das große Talent, dass sich schon damals geweigert hat, ein unendliches Repertoire an Klassik anzulernen - eigene Wege sind wichtiger. Sind immer wichtiger. Das ist gut so.

Die Schattenseite des Einzigartigen ist jedoch, dass sie in dieser Nische bleiben wird oder sich völlig grundlegend neu erfinden muss. Denn Agnes Obel wird man nur in ganz bestimmten Gemütslagen anhören. So wie Enya, so wie Katie Melua. Sehr schön. Wirklich sehr schön. Aber nicht immer zu gebrauchen. Eben doch keine Pop-Musik. Das muss ich mal bei wikipedia als Korrektur anregen. Wer hat das als Pop-Musik definiert?

Agnes Obel definiert Melancholie ganz neu. Ihre Musik ist ein wenig düster, träumerisch. Sie ist im besten Sinne einfach und gehaltvoll. Jeder Song ist eine neue Idee von Melancholie und schönste Untermalung zur Besinnlichkeit bei Kerzenlicht und Rotwein.

Das neue Album Aventine

Agnes Obel bei myspace

Offizielle Seite


Schattenspiel

Das wichtigste Gleichnis der Ideengeschichte hat mit Schatten zu tun. Schatten sind es, die uns daran erinnern, dass es drei Dinge braucht, um zu einer Erkenntnis zu gelangen. Diese Erkenntnis kennt als Zweck nur das Erblicken der Quelle dessen, was die Schatten erzeugt. Der Schatten ist nur das Ergebnis von Licht und Wahrheit. Wir, die wir nur die Schatten sehen, müssen uns fragen ob wir das Licht erkennen wollen. Seine Quelle, seinen Zweck.

Allerdings hausen wir längst nicht mehr in der Höhle. Wir sind draußen in der Stadt. Die Stadt, die ein Moloch ist. Die uns nicht schlafen lässt, nicht ruhen. Getriebene sind wir, suchend nach Möglichkeiten, kompensierend alle Möglichkeiten, erlebend und nicht einfach nur lebend.

Und das Licht nehmen wir einfach nur hin.

Denn es ist nichts gewonnen, mit dem Heraustreten aus dem Schatten ins Licht. Wir müssen ein Spiel mitspielen, ob wir das wollen oder nicht. Die Quelle des Lichtes empfängt keine Fragen. Und Antworten gibt sie wohl gar nicht.

Wollen wir mitspielen? Das Schattenspiel?



SCHATTENSPIEL

Der Wechsel von Tag und Nacht
Die Zeit mit Licht und Schatten verbracht
Darin verborgen ein tiefes, treibendes Spiel
und wir geleitet von Erkenntnis und Gefühl

Schatten an der Wand und in der Welt
Der Alltag und das Licht, das uns am Leben hält
Dahinter verborgen die Quellen von Licht
Es erstrahlt und blendet unser Gesicht

Erkenntnis aber ist verborgen
in tiefer Einsicht, ein Schattenspiel
Unser aller Antrieb ist geborgen
Dazu braucht es gar nicht allzu viel

In das Licht hinausgetreten und erkannt
Im Spiel haben wir unsere Sinne verkannt
Es geht darum, den Schatten zu greifen
und nicht mehr nur die Ahnung zu streifen

Die Ahnung von einem tieferen Sinn
Verborgen in jedem wie ein Gewinn
Den Schatten zu greifen ist das Ziel
im allumfassenden Schattenspiel

Achte darauf - es ist das, was Dich zwingt
Wenn Dir das Entrinnen aus der Nacht gelingt
Es treibt Dich an, an jedem Morgen
Und Du - Du glaubst, es bleibt verborgen

Da ist eine Kraft, die Dich am Leben hält
Auch wenn sie manchmal dunkel ist, Deine Welt
Wir stellen uns vor den Schatten in das Licht
Und nur dann gewinnt das Antlitz Gewicht

"Erhobenen Hauptes" nennt man das
Sich stellen einem Schicksal ohne Unterlass
Die Schatten tief ins Abseits drängen
Sich frei machen von inneren Zwängen

Und der größte Zwang von Allen ist
Dass man den Sinn des Schattens zu schnell vergisst
Der Zweck ist nicht zu warten bis jemand das Licht bewegt
Der Sinn ist das Hören auf das was sich in Dir regt

Du selbst muss Dich in Stellung bringen
Alles in Dir zum Spielen zwingen
Nur im Schatten dort ist alles grau
Du im Licht erkennst des Himmels Blau


(Was mir selbst an meinen Texten manchmal gefällt, sind die inneren Verweise: Der Blaue Himmel)

16. Dezember 2013

Variation von einem Leitmotiv - oder ...

... warum ein Verblassen dunkel ist, schwarze Fingerkuppen macht und dieses Verblassen auch immer etwas mit Zeit zu tun hat, mit Schwärze, die sich verteilt, verdünnt gänzlich verschwindet, aber immer noch da ist, immer atomarer, immer tiefer vereinzelt und hinter die Kulissen entweicht, verschwindet und doch in voller Gänze da ist ...

Es ist wie mit dem Stück Würfelzucker im Ozean.




14. Dezember 2013

Stereotyp - Schatten in der Nacht

Mein Vokabular. Ich bin dabei, es zu reflektieren. Dies ist der erste Versuch.

Da ist ein Wort, das in meinen Texten immer wieder auftaucht. Wie sich jetzt herausstellt, das schlimmste Wort, die schlimmste Bezeichnung, die man einem Menschen zuteil werden lässt.

Stereotyp.



Die Verdoppelung mit dem einzigen Zweck der Verdoppelung. Synonyme sind “angepasst” oder “konform”, wobei diese Begriffe noch etwas Positives beinhalten. Ein Mensch kann sich aus gutem Grund anpassen oder konform sein. Aber ein stereotyper Mensch ist eine wandelnde Blaupause ohne an sich den Anspruch zu haben, eine solche zu sein. Oder gar in der Lage sein zu wollen, den Nutzen einer Blaupause verstehen zu können.

Sie wollen einem dummen Etwas genügen, das nicht mal ansatzweise als Ideal gelten könnte. Denn um eine Blaupause zu sein, müsste man idealerweise idealistisch genug sein, seinen eigenen Zweck zu kennen und diesen zu hinterfragen. Stereotype Menschen übernehmen äußere Dummheit und sind nach innen unmündig zugleich. Erkenntnis in der Welt, Erkenntnis an sich, ist ihnen fremd. Ihr Mangel an Individualität ist ein Mangel an Menschsein. Sie sind talentfrei und haben bestenfalls die tiefgreifende Disziplin auch mit noch so viel winkenden Zaunpfählen vor den Augen, ihr Stereotyp zu bewahren. Am Ende, wenn diese Menschen nicht mehr da sein werden,  ist die Erinnerung an solche Menschen nichts weiter als die Erinnerung an pure Zeit. Pure substanzlose Zeit. Ein “vorsichhingelebtes” Leben.

Es gibt nur einen Typus Mensch, der noch schlimmer ist: derjenige, der stereotyp sein will, aber es nicht schafft. Dieser bleibt ein Abbild, ein Püppchen, ein Klumpen Fleisch, der das angestrebte stereotype Bild in dem Ergötzen an der Behäbigkeit anderer dumpf ertränkt. Der abends in den Sessel sinkt und sich fragt, ob Bata Illic Kakalaken fressen wird. Der selbst, sogar talentfrei im Erkennen des eigenen Nicht-Talentes, sich an Menschen, die ein Supertalent zu haben glauben, ergötzt.

Stereotyp impliziert den fortwährenden Vergleich. Mich mit dem Nachbarn, mich mit der Intention eines beiläufigen Witzes über mich, den ich mal wieder heranziehe, um die Weltverschwörung an mir als wahren Grund für das triste Dasein überzustrapazieren. Mich, die ich Püppchen sein will, eine Marionette, die Barbie aus Kindheitstagen, als die Welt noch in Ordnung war, als man das Pony noch nicht gegen ein Statussymbol ausgetauscht hatte. Als man noch glaubte, man wird als Rockstar die Welt verändern, ein Damals, das beinahe wehtut, wenn man es hört in Musik, es sieht in vergilbten Fotos.

Die Unmündigkeit, an der der kultivierte Mensch leidet, ist ergänzt worden, um den fortwährenden Vergleich von dem man weiß, von dem man spürt, dass er nichts bringt. Die armselige Kultur, die uns abends - in HD, Flat - beschallt ist die Kulisse des stereotypen Menschen, des Mitläufers, der, der vor wenigen Jahrzehnten noch Kanonenfutter gewesen wäre. Derjenige, dem die Sensibilität des Wesentlichen fehlt.

Der Mensch heute, stereotyp oder möchtegern - er ist die Blaupause des Nichts. Stereotyp ist in meinem kleinen, bescheidenen Universum eines Dorfpoeten das mit Abstand schlimmste nur vorstellbare Wort, mit dem man einen Menschen belegen kann. Stereotyp. Ein Mensch - nur Schatten in der Nacht.

8. Dezember 2013

FRAKTUS

Was sind schon Kraftwerk, Depeche Mode oder Einstürzende Neubauten gegen die Band ohne die es modernen Eletropop oder Industrial überhaupt nicht geben würde?

Die Rede ist von FRAKTUS. Die haben Anfang der 80er Jahre die Musikwelt verändert und sind dann in der Versenkung verschwunden ...

Hier ihr legendärer Auftritt bei FORMEL EINS, 1983:

Auf Spiegel-TV ist derzeit die Doku zu Fraktus zu sehen: http://www.spiegel.tv/filme/alleskino-fraktus/.

5. Dezember 2013

Xaver

Ich bin ja eigentlich gegen Panikmache. Aber wenn ich diese Berichte vom Fähranleger in Dagebüll lese und sehe - und der Höhepunkt der Sturmflut, anscheinend drei hintereinander, ist noch gar nicht erreicht - dann muss man den Menschen da oben echt die Daumen drücken.

Und außerdem: Ich möchte in drei Wochen genau an dieser Stelle wieder zu meiner Insel rüberfahren. Da sollte schon noch ein Fähranleger übrig sein ;-)


Quelle: tagesschau.de

1. Dezember 2013

Soundtrack Of My Life

Sie sind ein Phänomen. Es gibt nur wenige Bands, die seit mehr als 30 Jahren ihre Fans begeistern und Stadien füllen. Jede große Stadt in Deutschland hat ihre "Party For The Masses" oder "Party For The Living" in der generationenübergreifend der Band Depeche Mode gehuldigt wird. Depeche Mode touren derzeit durch Deutschland. Hier gibt es Konzertbilder und einen Verweis auf das, was man die Gutenberg-Bibel des gemeinen Depeche Mode Fans nennen könnte.

Von Peter Killert.


Als ich YouTube mal durchforstet habe, da habe ich einige Auftritte von Depeche Mode gefunden, die ich als Kind im Fernsehen gesehen habe. Es waren die ersten bewussten Begegnungen mit dieser Band, die mein ganzes Leben begleitet:


Im Jahr 1984 hatten sie ihren Durchbruch in Deutschland. "People Are People" war ihr erster Nummer Eins Hit. Seitdem begleiten mich Depeche Mode.

Ich kann exakt sagen, wann ich wo eine erste Single eines neuen Albums das erste Mal gehört habe, in welcher Lebenssituation ich gewesen bin und wie die Musik auf mich gewirkt hat.

Das geht Millionen Menschen so. Mittlerweile werden drei Generationen auf Depeche Mode Konzerten gesichtet.

Auf das Foto klicken und sie gelangen zu vielen aktuellen Konzertfotos


Depeche Mode ist ein Produkt. Ein genialer Songwriter, ein ebenso genialer Performer, ein Manager und - bis 1994 - ein Soundtüftler, der durch eine ganze Reihe von Produzenten ersetzt werden musste. Fünfter Mann im Hintergrund: der mediale Director der Band, Anton Corbijn.

Das ist alles bekannt, alles nichts neues. Über die Jahre zeigt sich aber etwas, das noch mehr überrascht und dem Phänomen das verleiht, was ich "Soundtrack Of My Life" nennen möchte. Vor zehn Jahren begannen die ersten Zweifel. Andere große Bands hatten schon mittelmässige Alben abgeliefert. REM, U2. Das Alter und Auflösungserscheinungen traten hervor.

Diesen Eindruck hatte ich bei Depeche Mode niemals. Ich bin immer wieder überrascht, wie sie sich noch toppen, wie man den Eindruck bekommt, ja diese Songs hat es noch gebraucht. Sie würden fehlen in dem "Monument", das sie hinterlassen.

Ich habe Depeche Mode seit 2006 viermal live erlebt. Sie werden immer besser. Hier gibt es die schönsten Fotos von den Konzerten in Düsseldorf und Köln aus dem Jahr 2013 (bitte auf auf das Foto klicken.)



Monument


Neben vielen kleineren Büchern (Biographien über die Band, Dave Gahan, Martin Gore) gibt es seit einigen Monaten auch "Monument", ein grandioser Bildband, chronologisch aufgebaut mit vielen Berichten, Zeitungsausschnitten, Plattencovern und Interviews. Die ultimative Werkschau der Kultband.

Ein teurer, aber sehr lohnenswerter Bildband, zusammengestellt von Dennis Burmeister und Sascha Lange.


Den Bildband gibt es auch als eBook, wobei sich das für mich ausschliesst. Denn für den Fan wirkt dieses Buch wie eine Gutenberg-Bibel. Zwar habe ich keine Samthandschuhe, aber ich achte peinlich darauf, die Seiten ohne fettige Finger durchzublättern.

Sie suchen also ein edles Weihnachtsgeschenk für einen Depeche Mode Fan? Mit "Monument" liegen sie genau richtig.

Bitte klicken Sie auf das Buchcover für Details.





Crouton vs. Chrubuntu

Zur Abwechslung mal wieder etwas Technisches. Ich hatte ja vor einiger Zeit von dem Samsung Chromebook geschrieben, dass ich mir für unterwegs gekauft hatte. Es ist ein sehr günstiges Notebook, sehr leicht und dank ARM Prozessor (der normalerweise nur in Handys oder Tablets genutzt wird) sehr ressourcenschonend. Lange Akku-Laufzeiten machen das Gerät sehr mobil. Mit der 3G Variante und eingebautem UMTS Modem ist man wirklich überall online.

Nachteil ist das ChromeOS, was nicht mehr ist als ein Linux Kernel mit Chrome-Browser. Alle Anwendungen sind Links zu Online-Diensten. Das ist für den Hausgebrauch sicher ausreichend. Aber was, wenn man auf die Idee kommt, den Linux-Kernel für herkömmliche Linux-Distributionen zu gebrauchen? Oder lassen sich sogar die großen Distros eigenständig installieren, sofern es sie für ARM-Prozessoren gibt? Für beide Ansätze gibt es Lösungen.

Crouton
Crouton ist eine Lösung, die den Kernel von Chrome OS nutzt und für Ubuntu (XFCE) und seinen Anwendungen "missbraucht". Die Installation ist sehr einfach und auch für jeden Laien zu bewerkstelligen. Großer Vorteil: Chrome OS und Linux laufen parallel. Mit einem Tastendruck kann hin und her gewechselt werden.

Nachteil: Crouton ist kein eigenständiges Linux sondern simuliert ein Root-System. Geht es darum, mehrere User anzulegen, ein ständig aktuelles System haben zu wollen oder tiefere Eingriffe in das System vorzunehmen, dann stösst man mit Crouton an seine Grenzen. Beispiel: Die Hardwarebeschleunigung auf dem Samsung Chromebook funktioniert nicht (auch bei Chrubuntu, siehe unten, keine Chance). Das bedeutet, dass der klassische Gnome-Desktop die erste Wahl ist, statt der missratenen Unity-Oberfläche von Ubuntu. Es ist mir nicht gelungen, das System unter Crouton so zu verändern, dass ich z.B. ohne großen Aufwand die Größe der Icons der Launchbar hätte ändern können. Einfache Einstellungen also bereiten bereits große Probleme. Ebenso war es mir nicht möglich, die Sprache von Englisch auf Deutsch umzustellen. Die Installation der Sprachpakete machte Ärger.

Wer allerdings eine einfache, unkomplizierte Möglichkeit sucht, um in C oder Java zu coden und sich nicht um die Oberfläche schert, findet mit Crouton eine brauchbare Lösung.

Chrubuntu
Mit Chrubuntu wird der Ansatz einer Parallelinstallation verfolgt. Man bootet entweder Chrome OS oder Linux. Beide haben ihre eigenen Kernel und sind eigenständig. Dazu braucht es einen Dual-Boot, d.h. die Startpartition muss das andere System erkennen.

Das Samsung Chromebook hat kein Bios im eigentlichen Sinne. D.h. alle Installationen von Chrubuntu führen zu einer Fehlermeldung beim Booten des Chromebooks. Diese wird umgangen mit STRG+D beim Start. Drückt man versehentlich auf die Leertaste wird der RecoveryModus gestartet und alle Mühe war umsonst. Wenn man das weiß ist das kein Problem mehr.

Wer nach einem Weg sucht, die Fehlermeldung beim Booten zu umgehen - es geht nicht.

Chrubuntu lässt sich auf eine SD Karte installieren, auf einen USB Stick (diese Varianten starten Ubuntu mit STRG+U beim Start) oder auch auf den internen, 16GB SSD Speicher. Ich hatte beides ausprobiert - der Unterschied ist dabei unglaublich. Die SSD Installation lohnt sich. Mit Linux lässt sich anschliessend wie auf einem "normalen" Desktop-Rechner arbeiten.

Unten folgen einige Links. In einem wird die Installation sehr genau erklärt. Die Anweisungen müssen exakt befolgt werden. Ein Tipp von mir: Die Default Einstellung bei der Wahl der Ubuntu Variante funktioniert bei einigen Chromebooks nicht. Ich vermute, dass die Paketquellen dort ständig geändert werden und dies zu Inkompatibilität führt. Bitte immer bedenken, dass es noch keine offizielle ARM Unterstützung für Linux gibt. Die beste Variante ist die Wahl von "ubuntu-desktop lts" als Parameter. Das ist der Long-Term Support von Ubuntu und das klappt sehr gut. Ich empfehle ein "sudo apt-get install gnome-session-fallback". Dann ist der klassische Gnome Desktop installiert und kann beim Login ausgewählt werden. Das ist superschnell und sehr intuitiv.
Ubuntu Emacs Evince Chromebook
Chrubuntu mit Emacs Editor und PDF Viewer
Highlight ist für mich, dass UMTS und WLAN sich so einstellen lassen, dass eine Netzwerkverbindung nach Bedarf und einfach per Mausklick hergestellt werden kann. Selbst bei ChromeOS muss immer erst, nach jedem Aufwecken aus dem Ruhezustand, die SIM Karte entsperrt werden und in mehreren Menüs muss dann 3G ausgewählt werden.

Alle Anwendungen, die für ARM kompiliert wurden und die ich ausprobiert habe, laufen anstandslos. Dazu gehören alle klassischen GNOME Anwendungen. Auch KDE dürfte funktionieren (nicht ausprobiert). Was ich noch nicht hinbekommen habe ist eine Flash-Unterstützung (wichtig für YouTube) und eine Installation von Wine. Flash muss irgendwie möglich sein, da es eine Version geben muss, die funktioniert, nämlich unter Chrome OS. Wine, zum Starten von Windows Anwendungen, dürfte unter ARM ein echtes Problem sein. Beides spielt für mich aber nur eine untergeordnete Rolle. Die HDMI Schnittstelle habe ich nicht ausprobiert. Theoeretisch sollte aber auch das kein Problem sein - das Chromebook kann dann an einen Fernseher oder externen Monitor angeschlossen werden. Und ich möchte erwähnen, dass ich auch zu Fedora Linux, OpenSuse und ArchLinux Anleitungen gefunden habe, wie sich deren ARM Pakete auf dem Chromebook installieren lassen. Die Anleitungen erfordern aber teilweise sehr viel mehr Hintergrundwissen. Die Ubuntu-Installation gründet auf einem einzelnen Script, das alle Eventualitäten berücksichtigt.

In der Zwischenzeit gibt es übrigens weitere Chromebooks (von HP und von Acer) in ähnlichen Preisklassen. Einige davon haben klassische X86 Prozessoren, aber auch normale HDD Festplatten. Das bedeutet dann mehr Gewicht und eine notwendige Kühlung (das Samsung Chromebook kommt vollständig ohne Kühlung aus). Hier muss man abwägen, was im Einzelfall in Frage kommt. Fazit: mit dem Samsung Chromebook lässt sich jedenfalls ein komplettes, lauffähiges Linux System installieren. Das erweitert die Möglichkeiten, die dieses sehr günstige Notebook bietet erheblich.

Chrubuntu Chromebook GIMP
Chrubuntu und GIMP
Hier einige Links, die alle Schritte genau erklären und Hintergrundinfos liefern:

Crouton
Chrubuntu - nach dieser Beschreibung installiert, aber mit "ubuntu-desktop lts" als Parameter

Das Samsung Chromebook (offiziell)
Rezension zum Chromebook im Vergleich zu einem Macbook
Was ist ARM?

Crouton Installation in einem Video erklärt

Interessante Tipps für Verbesserungen nach erfolgreicher Installation

Was tun, wenn alles schief läuft? - Meine Anleitung (auf englisch) zum vollständigen recovern des Chromebooks.