26. Februar 2013

Über die Funktion und ihre Bedeutung

Und nun, um die Gedanken zu einem Abschluss zu bringen, stellt sich die Frage nach der “Funktion” eines Individuums in einer Gesellschaft. Transparenz zeigt die mögliche Differenz des Handelns eines Individuums zu der Relevanz seiner Funktion. Relevanz wiederum ist die Symbiose aus Erkenntnis und Mündigkeit. Was aber ist eine Funktion?

Mathematisch gesehen ist eine Funktion eine Gleichung, die einen Zusammenhang symbolisiert. Eine Funktion lässt sich immer graphisch darstellen. Umgekehrt existiert eine Funktion, wenn ein Zusammenhang eine graphische Darstellung zulässt. Setzen wir die graphische Darstellung mit der Erscheinung und dem Handeln eines Individuums gleich, so ergibt sich daraus, dass eine Funktion das notwendige, das zu erwartende Handeln eines Individuums beschreibt.

Ein Individuum, das eine Funktion ausfüllen soll, muss also demnach diese Funktion verkörpern und muss diese Funktion verinnerlicht haben. Es macht also keinen Sinn, wenn ein Bäckermeister, der sehr viel von seinem Handwerk versteht, die Funktion eines Immobilienmaklers einnimmt. Der Funktion steht also in einer Gleichung die Bedeutung gegenüber.

Wie aber wird die Bedeutung bestimmt? Die Bedeutung kann nur von außen bestimmt werden, d.h. ich kann glauben, dass ich meine Funktion erfülle - ob es so ist, kann nur von außen beurteilt werden. Die Funktion des Menschen ist das Miteinander, ihre Bedeutung ist das Füreinander. Kein Mensch kann auch nur ansatzweise eine Funktion ausfüllen, wenn nicht mindestens ein anderer Mensch in dieser Funktion ihre Bedeutung sieht.

Selbst die Ausgrenzung eines Menschen, die bewusste Abgrenzung von allem Sozialen, ist eine Funktion, welche in ihrer Bedeutung von anderen Menschen gesehen wird. Füreinander und Miteinander haben also keine Funktion an sich - das Menschsein ist wertneutral. Füreinander und Miteinander funktioniert auch Ohne einander.

Mehr noch - eine Funktion eines Menschen hat nichts mit dem Sinn zu tun. Wer erinnert sich noch an den Bäckermeister, der hier vor 300 Jahren seine Funktion ausgefüllt hat. Die Funktion eines Menschen auszufüllen ist ein einfaches Funktionieren. Wie leer die Sprache doch werden kann, wenn man sie ihrer idealen Interpretation beraubt.

Die Funktion eines Menschen ist sein Handeln zu einem Zweck, der nicht sein Selbstzweck ist. Die Funktion eines Menschen ist sein Dienst am Menschsein. Sie wird ihn nicht ausfüllen - aber sie lässt ihn leben im Miteinander, im Füreinander, ohne einander Sinn zu verleihen.

19. Februar 2013

Nocturne



Macht mich vorwärts denkend
Das Licht mich rufend
Die Weite mich ersehnend
Der Nacht entkommend

Ein Spiel, fortwährend
leuchtend und licht
Sich, wohin wünschend
Ruhig im Licht.

7. Februar 2013

Was gut ist, polarisiert ...

Eine interessante These, die ich in den letzten Tagen mehrfach gelesen habe. Kann ich nicht ganz teilen. Ich würde sagen, etwas das polarisiert, ist wichtig. Ob es gut ist, ist eine Frage des subjektiven Urteils, des Geschmacks. Polarisierung bedeutet, dass sich Menschen aus konträren Sichtweisen Gedanken machen. Sich vielleicht näher kommen. Vielleicht beginnen, Argumente zu übernehmen. Zumindest zu verstehen. Polarisation ist Austausch. Ist sozial. Ist Menschlichkeit. Etwas, das ganz stark polarisiert ist HEAVEN, die neue Single von DEPECHE MODE. Sichtbar wird die äußerst unterschiedliche Wahrnehmung dieses neuen Songs in den Beiträgen der entsprechenden Foren. Man sei kein richtiger Fan, wenn man diese ungewöhnliche Ballade gut fände - oder - man habe keine objektive Wahrnehmung, wenn man sich den Song “schön hören” müsse. Die oftmals sehr langen Beiträge in den Foren zeigen, wie sehr sich die Fans mit dieser Frage beschäftigen. Je mehr sich also die Polarisierung in einem einzelnen Menschen zeigt, umso mehr Zeit verbringt er auch damit. Polarisation ist also auch in einem Teilaspekt der Selbstreflexion eine Ergründung des Ichs. In dem ich erkläre, warum mir etwas zusagt oder nicht, ergründe ich mich selbst. Polarisation ist also Selbsterkenntnis. Und Selbsterkenntnis ist die Basis des Handelns. Naja - sie sollte die Basis des Handelns sein … Bevor ich zum eigentlichen Kern dieses Postings komme, hören wir uns HEAVEN einmal an:

I dissolve in trust
I will sing with joy
I will end up dust
I´m in Heaven



Ob etwas zwischen diesen Extremen der Wahrnehmung hängt und das Potential hat, sich von der Gewöhnlichkeit zu erheben, hängt stark davon ab, ob die oder der Produzent des Gegenstands, der polarisiert, sich dessen bewusst ist. Der Gegenstand, über den diskutiert wird, muss also das Potential, eine Art höheren Wert in sich bergen, der über jeden Diskurs erhaben ist. Ein Gegenstand der Wahrnehmung, der dazu in der Lage ist, nennt man Kunst. Den anhängigen Diskurs dazu nennt man “Kultur”. DEPECHE MODE als Stellvertreter von Musik (man könnte sicherlich jede andere Band, jede andere Stilrichtung heranziehen) sind deswegen Künstler, weil das Potenzial eines Liedes und vermutlich all ihrer Lieder, Teil eines Diskurses, Teil der Kultur ist. Keine bahnbrechende Erkenntnis, natürlich, aber der entscheidende Gedanke ist die Rückführung zu dem, was polarisiert: Würde etwas nicht kunst- und gehaltvoll sein, dann würde es nicht polarisieren. Es ist ein Qualitätsmerkmal, unabhängig von dem Geschmack der Individuen, wenn etwas Menschen dazu anregt, sich in Hunderten von Statements dazu äußern zu wollen. Qualität bedeutet dann, dass etwas wichtig ist. Ob es gut ist, bleibt eine Frage des Geschmacks. (HEAVEN finde ich übrigens, ausgesprochen gut … ;-) )